
Unsere erste Oldtimerfahrt
oder
Die Grätchenfrage

Für die Vorbereitung auf die Solinger Ori hatte ich Peter vom MSC Huchem-Stammeln angeschrieben, ob wir seine Ori-Aufgaben vom März zum Üben benutzen könnten. Die hat er uns auch gerne geschickt und gleichzeitig auf die 1. Indeland Herbstfahrt hingewiesen, die am Tag der Deutschen Einheit stattfinden sollte. Eine Oldtimerfahrt, dabei haben wir doch gar keinen Oldtimer. Das mache gar nichts, es könnten auch neuzeitliche Autos in einer Extra-Klasse teilnehmen. Hmm… bei Peter fahren wir ja auch immer sehr gerne. Die Aufgabenstellungen sind immer anspruchsvoll, so dass man sich auch mal Fehler leisten kann, aber nachvollziehbar. Nachdem Eva geklärt hatte, dass sie Zeit habe, meldete ich uns also an. Die Klasseneinteilung bei den Oldtimerfahrten ist anders als die bei den Orientierungsfahrten. Statt N, A/AK und B/C, also den drei Schwierigkeitsstufen bei der Orientierung, gab es hier „Touristik“, „Tourensport“ und „Sport“, jeweils nochmal unterteilt in die Baujahre der Autos.

Wir haben das selber alles noch nicht mitgemacht, aber es hieß, dass bei „Touristik“ die Fahrtstrecke schon komplett vorgegeben sei. „Tourensport“ sei etwas anspruchsvoller und „Sport“ wie eine Orientierungsfahrt. Aber in Schwierigkeitsstufe „B/C“! Sind wir zwar noch nie gefahren, aber für uns die ideale Gelegenheit, da mal reinzuschnuppern. Also meldeten wir uns für „Sport 2“ (die Oldtimer waren Sport 1). Und somit waren wir auch die einzigen Teilnehmer in der Klasse. Egal, Dabeisein ist alles!
Zum ersten Mal machten wir uns auf zum Indemann. Zwar starteten dort auch zuletzt die Oris von Peter, aber wir hatten wegen des konkurrierenden Spielewochenendes seitdem nicht mehr teilnehmen können. Und nicht nur wir kannten den Indemann nicht, sondern unser Navi auch nicht. Auch die aktuelle Autobahnführung kannte es offensichtlich nicht. Und so begann die eigentliche Orientierungsfahrt schon mit dem Hinweg. Andere Autobahn, runter von der Autobahn, wieder rauf auf die Autobahn… aber ab Inden übernahm dann Evas Handy die Navigation. An der entscheidenden Kreuzung sahen wir dann Guido und Bernd in ihrem Oldtimer und so wussten wir, dass wir richtig waren und konnten einfach hinterherfahren. Auf den eigentlichen Parkplatz trauten wir uns mit unserem neuzeitlichen Auto aber nicht. Eva wollte auch schon wieder fahren, als sie die ganzen Oldtimer sah. Ein wenig unwohl fühlten wir uns schon, aber Peter hatte uns ja ausdrücklich eingeladen!
Im Startlokal am Indemann (wir hatten uns den gar nicht so groß vorgestellt!) freuten wir uns sehr, da Willy an der Papierabnahme saß. Dann suchten wir uns einen Platz und Kuchen. Zumindest ich. 🙂 Sehr lecker. Den Fahrerbrief studierten wir ausführlich und mussten erstmal die vier angekündigten Sonderprüfungen verdauen. Immerhin gab es für die gesamte Strecke kein Zeitlimit, allerdings war in den Unterlagen die Schließungszeit der einzelnen Prüfungen angegeben. Das erschien uns ausreichend viel Zeit zu sein. (Stimme aus dem Off: „Das dachten sie zumindest damals!“) Da wir mit Startnummer 77 nach der Fahrerbesprechung noch reichlich Zeit hatten – gestartet wurde ja im Minutenabstand und so ging es für uns über 1 ¼ Stunden nach dem ersten Fahrzeug auf die Strecke – bereiteten wir in Ruhe das Auto vor. Dieses Mal gehörte auch das Aufkleben der Startnummer dazu. Dann schauten wir uns die ganzen tollen Oldtimer an. Und weil immer noch jede Menge Zeit war, bestiegen wir den Indemann, um uns die Gegend mal von oben anzusehen. Anschließend war auch noch Zeit für ein Nickerchen. Irgendwann war es aber doch so weit.

Es war gar nicht diese Hektik zu verspüren wie sonst bei den Oris, wenn der Fahrer mit laufendem Motor vor der Türe des Startlokals wartet und der Beifahrer angesprintet kommt. Bei uns war es auch sehr entspannt. Eva holte die Unterlagen und ich hatte auf dem Parkplatz doch glatt die erste Orientierungskontrolle entdeckt und wollte sie fotografieren. Eva wunderte sich sehr, als sie zum Auto kam und dieses leer vorfand. Dieses Mal kam dann der Fahrer angesprintet und wir schauten uns die ersten Aufgaben an. Dann ging es los. Vorbei an der frisch fotografierten „70“ und dann den Berg herunter.
Prompt bogen wir an der ersten Möglichkeit überhaupt falsch ab. Dann fanden wir uns aber zurecht und lösten die erste Aufgabe korrekt. Anfangs hatten wir uns ein wenig erschreckt, als wir sahen, dass es 77 (wie unsere Startnummer) Aufgaben gab, aber zwischen den wirklich zu lösenden Aufgaben befanden sich immer wieder wegbeschreibende Chinesenzeichen.
In Aufgabe 8 gab es einen Kreisverkehr mit Punkt, der auch nochmal vergrößert dargestellt war. Bei uns am Tisch gab es hinterher Diskussionen darüber, aber für uns stand unzweifelhaft fest, dass wir natürlich beide Punkte anfahren müssen und deswegen die „04“ doppelt zu notieren war. War auch so. 🙂

Danach wurde es dann schlimm. Wie ich in mehreren Berichten schon erwähnt habe, sind Zeitprüfungen ganz, ganz schlimm für uns. Nicht selten lauten die Anweisungen „Fahr mal was schneller… oh nee, wir haben noch jede Menge Zeit. Langsam! Noch langsamer. Nur noch 10 Sekunden. Schneller! Schneller!!! 5, 4, 3, 2, 1, 0.“ Danach sind wir immer froh, wenn es vorüber ist. Dieses Mal standen uns aber vier Sonderprüfungen bevor. Und wie wir jetzt feststellten, mussten zwischendrin auch noch Aufgabenteile gefahren werden! Stress! Prüfungsangst! Vor dem Start und der Stempelkontrolle hatten wir so weit alles ausgearbeitet, aber vor lauter Prüfungsstress nicht bis ins Letzte durchdacht. Das gespiegelte Chinesenzeichen hatten wir zwar gesehen und korrekt eingebaut, aber der anderthalbmal zu fahrende Wendehammer ist uns leider durchgegangen. Sehr schade! Nicht nur, weil uns das einen Fehler einbrachte, sondern auch, weil das der Grund für die meisten Diskussionen im Anschluss war. Die Veranstalter hatten sich eine technische Neuerung einfallen lassen: eine drehbare Orientierungskontrolle. Bei der ersten Durchfahrt zeigte sie die „23“ an (die wir auch notiert haben), bei der zweiten Vorbeifahrt eine „32“. Mich hätte sehr interessiert, wie wir darauf reagiert hätten! Zumal wegen der Sonderprüfung, in der an drei Stellen die Zeit genommen wurde (und natürlich genau vor und nach dem Wendehammer) keine Zeit gewesen wäre, ein drittes Mal zu gucken. Immerhin gab es doch eine Neuerung für uns: Am Ende der Aufgabe gab es einen „Selbststempler“, der genau das ist, was der Name besagt. 🙂
Und ich bin sehr stolz auf unser Abschneiden bei den Zeitmessungen in dieser Prüfung: Bei der ersten Messung waren wir 55 Hundertstel zu früh, an der zweiten 9 Hundertstel (!) zu spät und an der dritten knapp 3 Sekunden zu früh. Also gerade die ersten beiden Prüfungen waren super. Stressig war es dennoch…
Aufgabe 11 sah simpel aus. Drei Aufgabenteile und wir sollten selber aussuchen, wo wir anfangen, um die kürzeste Gesamtstrecke zu fahren. Wir hatten komplett ein Brett vor dem Kopf und fuhren die kürzeste Strecke von unserem Auftauchen auf der Karte bis zum letzten Aufgabenteil. Dass wir ganz woanders hätten anfangen können, fiel uns gar nicht ein, auch wenn es extra da gestanden hatte. Aber auch daraus lernen wir. 😉
Bei Aufgabenteil 16 gab es Stau. Die „Touristen“ (wie die Teilnehmer der Kategorie „Touristik“ genannt wurden), hatten dort eine der 5 Geschicklichkeitsprüfungen, die bei ihnen zur Aufgabenstellung gehörten. Und mit 44 Startern in der Klasse war das über die Hälfte der Teilnehmer, die betroffen war. Dementsprechend war dort viel los, aber wir konnten nach einer Weile des Wartens unsere Aufgabe fehlerfrei zu Ende fahren.

Kurz darauf kamen wir am schönsten Ortseingangsschild überhaupt vorbei:
Wir waren schon ein paar Male bei Peters Oris vorbeigekommen, hatten aber nie Zeit gehabt, es zu fotografieren. Dieses Mal sollten wir ja sooo viel Zeit haben… 😉 Als wir dann aber sahen, dass wir noch drei richtige Aufgabenteile bis zur zweiten Sonderprüfung (die wir um 14:36 Uhr erreicht haben mussten) zu lösen hatten, wurde es dann doch wieder hektischer bei uns. Von wegen „viel Zeit“!
In Aufgabe 23 tauchte zum ersten Mal eine Fischgräte auf. Zumindest für die anderen! Wir haben sie nicht als solche erkannt, weil sie nur zwei „Gräten“ hatte und wir sie als Chinesenzeichen interpretierten. Fast wäre unsere Lösung dennoch richtig gewesen, allerdings hätten wir die OK „13“ aus dem Kreisverkehr dreimal aufschreiben sollen. Warum das so ist, muss ich noch rausfinden. Na ja, der nächste Fehler ereilte uns dann in Aufgabe 24, wo es einen Pfeilwurm zu fahren galt. Der zweite Pfeil des Wurms ging den längeren Weg links herum, sodass wir die erste Runde natürlich die kürzere Strecke hätten fahren können. Dafür kamen wir aber an niedlichen Alpakas vorbei.
Dann kam auch schon die nächste Sonderprüfung. Dieses Mal sollte es über Feldwege gehen und prompt hatten wir einen Trecker vor uns, als wir bei der Startfreigabe anhielten (Start jeweils nur zur vollen Minute). Wir beschlossen dann, noch eine weitere Minute abzuwarten, um nicht hinter dem Trecker herschleichen zu müssen. Bestimmt hatten wir auch die geforderten 3 Minuten 48 Sekunden genau getroffen ;-), allerdings wurde diese Prüfung anschließend aus der Wertung genommen.
In der letzten Aufgabe vor der DK entdeckten wir zwar das Chinesenzeichen und bauten es korrekt in die Strecke ein, aber dass der Punkt nach Pfeil 9 näher war als der Pfeil ist uns durchgegangen.
In der zweiten Etappe ging es dann schon gleich wieder gut los: Die zweite Fischgräte – die wir natürlich wegen ihrer Grätenarmut wieder nicht richtig erkannten – erwartete uns. Grmpf. Dadurch war natürlich der Aufgabenteil 4 total falsch. Netterweise gab es jedoch nur einen Fehler dafür. In der nächsten Aufgabe versuchte Peter, uns mit einem einkopierten Kartenteil auf die falsche Fährte zu locken, aber nicht mit uns! 🙂
Sehr niedlich wurde es in der nächsten Aufgabe, da sich ein Grüppchen Kinder am Straßenrand aufgestellt hatte und allen Autos den richtigen Weg wies. „Da geht’s lang! Die anderen sind alle da lang gefahren!“ Und sie hatten Recht!

Aber danach wurde es schwierig. Den fast hinter dem Pfeil versteckten Punkt hatten wir erkannt. Aber war es kürzer, eine Runde im Kreisverkehr zu fahren, um dorthin zurück zu gelangen oder sollten wir zweimal rechts abbiegen? Nach langem Nachdenken, Befahren beider Strecken und vielen Diskussionen hatten wir uns dann auf eine Lösung geeinigt: Der Kreisverkehr soll es sein. Wie heißt es so schön? Es gibt immer zwei Lösungen – meine und die richtige. 🙂 In der Tat, so war es an der Stelle auch, auch wenn es haarscharf war! Der Weg im Kreisverkehr war minimal länger und damit falsch.
Eine winzige Überlappung gab es dann in Aufgabe 47, die uns aber keine Probleme bereitete und dann ging es zur nächsten Sonderprüfung. Wir sollten das Ziel zu einer vollen 10-Sekunden-Einheit durchfahren, also zu einer beliebigen Minute und 0 oder 10 oder 20 (…) Sekunden. Um 16:29:10:60 Uhr war das bei uns so weit, sodass wir 60 Hundertstelsekunden Abweichung hatten. Gar nicht so schlecht: die Besten hatten 50.
Aufgabe 53 wollte uns mit einem einkopierten Kartenausschnitt und einem „dicken Strich“, der in Wirklichkeit ein Strich pro Fahrbahn war, in die Irre führen, aber da waren wir jetzt stur. 🙂
Inzwischen neigte sich die Aufgabenliste dem Ende entgegen. Nach anderthalb Seiten Chinesenzeichen ohne Aufgaben (aber mit aufzuschreibender OK!) erreichten wir die Sonderprüfung 4. Mittlerweile kam uns die schon gar nicht mehr so schlimm vor. Mit 21 Hundertstelsekunden und 28 Hundertstelsekunden Abweichung erreichten wir jeweils den Messpunkt, was uns in dieser Prüfung zum zweitbesten Team machte. Juhu, vielleicht sind die Zeitprüfungen doch nichts, weswegen man sich so einen Stress machen muss…
Im selben Gewerbegebiet, das mich immer an diese Halbkreislineale erinnert 😉 , ging es mit der nächsten Aufgabe weiter. Der A-Pfeil durfte später nicht noch einmal komplett befahren werden. Normalerweise lassen sich solche Pfeile im Kreisverkehr gut dadurch unterbrechen, dass man einfach noch eine Runde fährt, aber in dem Falle hätte das nichts geändert. Wir wollten dann in die nächste Sackgasse mit Wendehammer einbiegen, um dort zu wenden und den Pfeil so zu unterbrechen. Genau in dem Wendehammer befand sich aber eine Baustelle, sodass wir diesen nicht nutzen konnten, und wir haben mehrere Minuten damit verbracht zu diskutieren, ob wir diese Sackgasse nun trotzdem zum Wenden nutzen dürften oder nicht. Auch ein Blick in die übernächste Sackgasse – dort hing natürlich auch noch eine OK – brachte uns nicht weiter. Wir haben dann gemäß unserer ursprünglichen Idee die Baustellen-Sackgassen-OK aufgeschrieben und das war richtig. Zwischendurch haben wir uns immer wieder geschafft, uns laut zu wundern, dass immer noch keine Fischgräte vorgekommen war… 🙂
Danach ging es recht unspektakulär weiter zum Ziel, auch wenn wir es schafften, ganz kurz vor Schluss noch einen weiteren Fehler einzubauen. Warum es falsch war, den Pfeil aus Aufgabe 1 erneut zu umfahren, wissen wir allerdings nicht. Anders als bei den Oris hing im Ziel auch keine Musterlösung aus, sodass wir aus diesem Fehler auch nichts lernen können. 😉
Im Ziellokal war schon richtig viel los. Erstaunlicherweise hatten es alle Teilnehmer bis ins Ziel geschafft, was ich bei einer Oldtimerveranstaltung nicht selbstverständlich finde. Das Buffet war auch schon aufgebaut. Für mich gab es eine große Auswahl, welche auch sehr lecker war. Dass Eva relativ leer ausgehen würde, war vorher schon klar gewesen. Bis zur Siegerehrung war noch Zeit für das eine oder andere Spiel (ich meine mich zu erinnern, dass ich bei “Noch mal!” gewonnen habe 🙂 ). Dann wurden ALLE 82 Teams einzeln mit ihrer Platzierung vorgelesen. Angefangen über die “Touristen” in den verschiedenen Alterskategorien der Autos über die Tourensportler bis zu uns “Sportlern”. 😉 Da kam dann, was sich vorher schon angedeutet hatte: Wir belegten Platz 1 in der Klasse S2. Gab ja auch nur uns als einziges Team… Lars hatte uns vor dem Start schon zum Sieg gratuliert. Ist es das, was man einen Start-Ziel-Sieg nennt? 😉

Hätten wir einen Oldtimer gehabt, wären wir in Klasse S1 Letzte geworden! Von daher kam es uns ein wenig so vor, als hätten wir uns den Sieg erschlichen, aber Peter hatte uns ja ausdrücklich auch mit dem “neuen” Auto eingeladen mitzufahren. Auf jeden Fall war es super, dass wir mal unverbindlich in die Klasse B/C-Aufgaben hineinschnuppern konnten – irgendwann steht ja der Klassenwechsel für uns auch an.

Nach der Siegerehrung war es dunkel und der Indemann sah beleuchtet nochmal ganz anders aus. Dann die Frage: Fahren wir so nach Hause, wie wir gekommen sind oder folgen wir dem Navi? Ach, komm, nehmen wir das Navi. Das ging ca. fünf Minuten lang gut, danach wollte es, dass wir ins Tagebaugebiet hineinfahren. Das wollten wir aber nicht. 🙂 Als geübte Ori-Fahrer wussten wir aber, wo wir hergekommen waren und durften das Navi zwischendurch einfach nicht beachten. Wir sind dann gut nach Hause gekommen; erfreulicherweise auch nicht so spät wie nach den Oris, da wir ja schon so früh morgens angefangen hatten.
Unsere erste Oldtimerfahrt hat uns viel Spaß gemacht, war seeehr anspruchsvoll, aber hat uns die Angst vor den Zeitprüfungen genommen. Dazu dann im nächsten Bericht mehr. 😉